Goethes Erben
Seine künstlerische Arbeit begann Oswald Henke 1989 mit der Gründung von »Goethes Erben«. Die Intention hinter dieser Band war es, die deutsche Sprache in den Mittelpunkt des Schaffens zu stellen. Seine musikalischen Gedanken wurden zunächst durch Peter Seipt (The Seer), später durch Mindy Kumbalek (»Still Silent«) umgesetzt.
Die ersten drei Studioalben sind als Trilogie zu verstehen. Die Trilogie ist thematisch beeinflusst von den Eindrücken, die Oswald Henke während seiner Tätigkeit als Krankenpfleger in einer Psy- chiatrie gesammelt hat. Der Hörer wird mit etlichen Mo- menten zwischen Sterben und Tod eines Menschen kon- frontiert, die im herkömmlichen Alltag lieber totgeschwiegenen werden. Wie fühlt sich ein Wachkomapatient oder warum fügen sich Menschen freiwillig Schmerzen zu?
Durch das tabulose Vor- dringen in psychisch schwierige Bereiche, haben »Goethes Erben« bis dato existente inhaltliche Grenzen überschritten, was den Hörern in mancher Hinsicht half, sich selbst besser zu verstehen. Auf musikalischer Ebene ist die Trilogie geprägt von Minimalistik und eher getragenen Klängen.
Mitte 1993 gingen die Erben mit umarrangierten Stücken auf Tour und setzten erstmalig mit Gastmusikern ihre Idee eines musikalischen Theaters live um. Mit diesen Aufführungen etablierten sich »Goethes Erben« als anspruchsvoller, avantgardistischer Liveact.
1995 präsentieren sie mit dem namenlosen ›blauen‹ Album das komplexeste Werk ihrer Geschichte. Es thematisiert zum einen, wie ein Schüler von zu Hause wegläuft, weil er Angst vor dem hat, was vor ihm liegt. Im Weiteren sind Fluchtgedanken – aus verschiedenen Perspektiven betrachtet – dominierend. Die Geschichte konzentriert sich auf einen Andersdenkenden, der vom herrschenden Regime verfolgt wird.
In diesem Kontext tritt zum ersten Mal die Figur des Rebellen auf. Die CD kann durchaus auch als Angriff auf die Medien verstanden werden, die Gewalt abstrahieren und dadurch für die Gesellschaft vertretbar machen. Die blaue, kühle Musiklandschaft verschmilzt mit der Lyrik und bildet ein bizarres Hörerlebnis, z.B. wurde mit Effektprozessoren ein Klavier im See versenkt.