Liveimpressionen
Künstlerische Arbeit ist in den Augen Oswald Henkes nicht die Darstellung der Realität, er verarbeitet die Realität auf künstlerische Art und Weise. Sinn der Dramaturgie ist es, Leben und Welt auf der Bühne darzustellen. Neben dem Schwerpunkt Lyrik liegt ihm viel daran, seine Werke auch visuell anspruchsvoll umzusetzen. So entwickelte er mit Goethes Erben eine ganz eigene Form des Musiktheaters.
Bereits zu Beginn der Gruppe war die Optik ein fester Bestandteil der Live- shows, die Melancholie und der Wahn- sinn wurden bspw. durch ein Kerzen- meer visuell unterstützt. Bei der 95er »Blau«-Tour wurde das Gefühl der Kälte des avantgardistischen Albums durch Licht- und Videosequenzen sowie Licht- und Schattenspiele auf die Bühne transportiert. Im weiten Häftlings- gewand stürmte Oswald Henke in seiner theatralischen Art wie ein Wirbelwind durch das Geschehen, dann wiederum spielt die Atmosphäre mit Kunstschnee.
Mit den 2ten »Schach ist nicht das Leben«-Inszenierungen 1997 wurde das Live-Repertoire um die Ebene des Tanzes erweitert. Das Bühnenbild war ein riesiges Schachbrettmuster mit großen Schachbrettfiguren aus Plexiglas, kombiniert mit einer effektvollen Lightshow. Die ursprünglich für das Berliner BKA Theater geplanten Aufführungen von »Kondition:Macht!« mussten aus Platzgründen in den Humboldsaal der Urania verlegt werden.
Durch die Zusammenarbeit mit der Balettgruppe »Ombra Ballare« und die Möglichkeiten, die eine weitere Sprachrolle in sich birgt, ist »Kondition: Macht!« eine sehr komplexe Geschichte geworden. Durch Musik, Tanz und Schauspiel gelingt es, die Handlungsebenen miteinander zu verbinden. Zum Bühnenbild gehörten u.A. fantasiereiche Kostüme, ein Andreaskreuz und ein Thron, auf dem sich Oswald Henke zum König krönte.
In den folgenden Jahren war Oswald Henke u.A. mit den Goethes Erben »Jubiläums- und Nichts bleibt wie es war«-Touren bzw. mit »Erblast« zu sehen. Für die Optik sorgten u.A. eine Flex, die sprühenden Feuerregen auf die Bühne zauberte, und andere Requisiten, wie Heiner, die Metzgerpuppe.
Mit »Schattendenken« führten die Erben 2004 ihr bisher letztes Musiktheaterstück auf. Neben filmischen Elementen gab es eine 2te Sprechrolle und viele Details, die den Sinn des Stückes verstärkten, z.B. ein auf der Kleidung prangender Barcode, wie er auch zur Kennzeichnung käuflich erwerbbarer Waren verwendet wird. An jedem der Abende wurde einer ›Hörhure‹ der Kopf geschoren. »Schattendenken« liegt irgendwo zwischen Rebellion, Märchen und Drama.